Dr. phil. Andrea Gillert
In ihrem wunderbaren Werk „Wenn du geredet hättest, Desdemona" zeigt Christiane Brückner auf, dass Schwäche im Hinblick auf das feminine Geschlecht lediglich als Schwäche erscheint. Mutig trete ich heute in die Fußstapfen jener Frauen, die vor meiner Zeit gesprochen haben. Lasst mich eine ungehaltene Rede für euch halten. Und bitte, liebe Männer, hört gut zu! Ihr seid so wichtig in dieser Zeit. Die Rückkehr des urweiblichen Wissens in die Welt betrifft uns alle.
Falls du noch nie etwas davon gehört haben solltest, sorge dich nicht. Aber lausche, lausche umso mehr. Ja, ich bin mit Fug und Recht ungehalten. Weder schäme ich mich für dieses Gefühl, noch unterdrücke ich es. Ich bin nicht wütend, so wie du es vielleicht verstehen magst. Eher fühle ich so etwas wie heiligen Zorn in mir. Immer wieder steigt er aus meinem Inneren auf, um für das Leben einzustehen. Denn sowohl meinem eigenen Geschlecht als auch der Erde mit allem Leben auf ihr wurde und wird unglaubliches Leid zugefügt.
... verunglimpft, verteufelt, verboten, bis zur Unkenntlichkeit entstellt oder sogar ausradiert. Bis heute wird Frauen in vielen Teilen der Welt die Freiheit abgesprochen, so zu denken, zu fühlen und zu handeln, wie es ihrer ursprünglichen Natur entspricht. Doch kaum jemand ahnt, dass – ungeachtet des jeweiligen Geschlechts – jeder Mensch davon betroffen ist. Nicht allein, weil wir alle in unseren Innenwelten männliche und weibliche Aspekte vereinen. Vielmehr auch deswegen, weil es jetzt zur Versöhnung des männlichen und des weiblichen Prinzips kommen muss. Ja, du hast richtig gelesen: muss! Auch wenn ich es gewöhnlich vermeide, dieses Wort in den Mund zu nehmen: hier mache ich eine Ausnahme. Es könnte sonst eng werden.
*Der Begriff "Erherzung" stammt nicht von mir, sondern aus dem Buch erherzung: die verkörperung des göttlich menschlichen von Daniel Stacy Daniel Barron.
Wir brauchen uns dafür nur unsere Gesellschaften, Kulturen und Systeme anzuschauen. Doch jede ungehaltene Frau steht für eine neue Augenhöhe. Sie entfaltet die weiblich gepolte weiche Macht der Liebe und des Verzeihens in sich. Um sie allerdings der Welt zu schenken, bedarf es im Idealfall eines erherzten Mannes. Sofern er bereit ist, an ihrer Seite gehend, diese Liebe zu beschützen, wird seine Seele erfahren, wie unglaublich dankbar ungehaltene Frauen sein können. Beide eint das tiefe Gefühl, dass ihre Beziehung der ursprünglich komplementären Ordnung von Männlichkeit und Weiblichkeit entspricht.
Verstehst du nun, wie wichtig es ist, dass wir die Kraft der Weiblichkeit in uns wiederentdecken? Lass sie uns offen und wahrhaftig zur Schau stellen. In all ihrer ungehörigen Nichtvereinbarkeit mit unserem derzeitigen Weltzugang! Wie rudimentär, verschlissen und hoffnungslos er sich zeigt. Doch es gibt Lichtblicke. Dies ist die Zeit der Versöhnung von Kopf und Herz, Logik und Weisheit, Linearem und Zyklischem. Wir tragen als Menschheit die stille Verantwortung, das Überleben unseres wunderbaren Planeten sicherzustellen.
Lasst uns lauthals „Stopp“ rufen und klare Grenzen setzen: Es ist genug! Schluss mit der Anpassung an überholte Systeme, denen längst die Luft ausgegangen ist. Lasst uns ungeniert auf unsere weiblichen Anteile besinnen. Es ist nicht nur unser gutes Recht, sondern das Gebot der Stunde. Wir sind die einzigen Lebewesen, die der grassierenden Zerstörung aller Lebensgrundlagen Einhalt gebieten können.
...miteinander verbunden und doch jeweils einzigartig. Und so träume ich davon, dass jede Frau lernen möge, ihr inneres Feuer zu nähren. Es wird so dringend benötigt. Auch ich hatte meine Kraft vergessen und war schon als Kind von tiefer Angst erfüllt. Heute vermute ich, dass sie jener elementaren Feuerkraft in uns galt, die Tag für Tag Menschen an ihre Schöpferkraft erinnert. Unbewusst fürchten viele von uns ihre machtvollen Auswirkungen.
Doch wer ihr beherzt die Tür öffnet, trägt dazu bei, einen Wandelsturm auf Erden zu entfachen. Einen, den es so noch nie gegeben hat. Denn hier handelt es sich nicht etwa um bloße Naturgewalten! Wir sind die lebenden Zeugen eines Bewusstseinssprungs der Menschheit. Jeder von uns, der ihm sein tiefes Ja schenkt, lässt diesen Wandel Früchte tragen. Und tatsächlich winkt reicher Lohn: Wer die Bewegungen im Innen und Außen bejaht, kann vertrauensvoll der Geborgenheit einer unbestimmten Zukunft entgegensehen.
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© Andrea Gillert 2025