Frag doch mal
das Leben!
Dr. phil. Andrea Gillert
Die Rückkehr des Göttlich-Weiblichen
In früheren Zeiten bildete das Göttlich-Weibliche einen integralen Teil des menschlichen Bewusstseins. Es wurde als die Grundlage allen Lebens und sämtlicher Beziehungen zwischen Mensch und Natur angesehen. Seit Jahrtausenden zunehmend aus dem Bewusstsein der Menschen verbannt, erobert es sich gerade seinen ihm gebührenden Platz zurück. Dies ist in meinen Augen ein wahrer Segen. Denn für mich steht die planetare Wesenheit Gaia für das Göttlich-Weibliche auf der Erde und ist darauf angewiesen, dass wir Menschen – unabhängig von unserem eigenen Geschlecht – die Liebesmächtigkeit der weiblichen Kraft auf lebensdienliche Weise zum Ausdruck bringen.
Wenn wir uns in diesen Tagen achtsam in einer urteilsfreien Offenheit gegenüber allen Facetten unserer emotionalen Palette üben, verändert dies nicht nur unser Verhalten. Es kann zu einem regelrechten Shift in unseren individuellen Gefühlswelten kommen. Dies liegt daran, dass das Göttlich-Weibliche uns immer wieder die eigene Verletzlichkeit spüren lässt. Natürlich nicht, um uns weh zu tun, sondern damit wir unsere Herzen öffnen. Für mich bildet die damit einhergehende Beherztheit die Basis für jegliche Entwicklung im Namen echter Menschlichkeit. Wahre Humanität fußt auf einem tiefem Mitgefühl für alles Leben und allen damit verbundenen Herausforderungen. Doch darüber hinaus bedarf unsere Menschlichkeit das harmonische Zusammenspiel zwischen dem Heilig-Weiblichen und dem Heilig-Männlichen, um zu ihrer vollen Blüte zu gelangen.

Die Bedeutsamkeit unserer inneren Natur
Längst nicht alle Menschen sind derzeit schon bereit dazu, ihren Blick nach innen zu wenden und das Göttlich-Weibliche als ihre innere Natur zu erkennen, die derzeit wieder an die Oberfläche kommen möchte. Sie sind häufig noch nicht fähig, tief in sich hineinzufühlen, was gerade geschieht und wahrgenommen werden will. Ja, wir sind in den letzten Jahrtausenden wahre Meister:innen im Unterdrücken von Schmerz, Wut und Trauer geworden. Und genau diese Basis-Emotionen stehen mit jenen Verletzungen in Zusammenhang, die unsere Herzöffnung oft nicht zulassen. Die meisten Menschen tun sich bis heute schwer damit, Unvollkommenheiten gleich welcher Art zu akzeptieren. Ihr Emotionalkörper tappt immer wieder in die Falle von Minderwert und Scham.
Es stimmt mich zuversichtlich, dass wir unsere Schatten zunehmend als die niederfrequenten Ausprägungen eines spezifischen Bewusstseinsspektrums erkennen dürfen. Jedes Spektrum hat in seiner Gesamtheit betrachtet auf der anderen Seite stets einen hochschwingenden Pol. Und für mich sieht es so aus, als wollten wir uns als Spezies – ganz ohne Zeitdruck – genau dorthin entwickeln. Unsere Schattenanteile sind sehr oft kollektiver Natur und sie wollen bedingungslos akzeptiert werden, damit wir als Menschen das dahinterliegende Potenzial entdecken und der Welt zum Geschenk machen können. Dies gelingt am besten, wenn wir uns erlauben, nicht immer perfekt sein zu wollen und dies auch anderen Menschen zugestehen. In einem zweiten Schritt gilt dies im Grunde allem, was uns im Außen an Unvollkommenheit begegnet.

Bedingungslose Akzeptanz bedeutet, den Kampf gegen das Leben aufzugeben
Mir ist bewusst, dass dies für viele von uns eine mentale Herausforderung darstellt. Aus eigener Erfahrung weiß ich nur zu gut: Menschen, die bedingungslose Akzeptanz zum Ausdruck bringen, werden häufig entweder milde belächelt oder als naiv und ohne Urteilsvermögen diskreditiert. Würden die so darüber Urteilenden für einem Moment ihrem Herzen lauschen, sähe die Welt sicher anders aus. Denn wenn wir aufhören, gegen die weniger erfreuliche Seite des Leben anzukämpfen, kann die achtsame Reaktivierung der göttlich-weiblichen Kraft in uns mit einem großartigen Geschenk einhergehen. Immerhin befinden wir uns mit ihr im Zustand von Grace. Dahinter verbirgt sich eine ganz besondere Form des Seins. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass wir sie nicht selbst erzeugen können.
Grace will von uns empfangen werden und ist darauf angewiesen, dass wir die Voraussetzungen dafür schaffen. Sie möchte dauerhaft in uns wohnen können, denn sie ist nach meinem Dafürhalten der ultimative Ausdruck unserer Liebesfähigkeit, Anmut, Friedfertigkeit, Sorgenfreiheit und einer von Herzen kommenden Freundlichkeit. Im
Zustand von Grace
können wir mühelos vertrauen: anderen Menschen, unserer Umgebung und dem Leben in all seiner Unberechenbarkeit. Grace ermöglicht es uns, in allem, was uns begegnet, unvermittelt das dahinterliegende Geschenk oder die jeweilige Lernaufgabe zu entdecken.

Die Bedeutsamkeit unserer inneren Natur
Wer es vermag, sich auf das Göttlich-Weibliche zurückzubesinnen und ihm den gebührenden Platz im eigenen Leben einzuräumen, hat als Mensch gute Chancen, eine Form von Seligkeit zu erfahren, die uns kreativer, spontaner, lebendiger und liebevoller sein lässt. Sie steht für jene Fülle, die uns seit jeher zugedacht ist. Und diese tritt in unser Leben, sobald wir uns erlauben, die weibliche Seite selbst dann zum Ausdruck zu bringen, wenn dies mit Verletzungen einhergeht.
Es ist an der Zeit zu erkennen, dass unsere Seele stets an Intensität (ohne Bewertung von guten oder unangenehmen Erfahrungen) interessiert ist. Beides möchte durchfühlt und im zweiten Fall eben auch akzeptiert werden. Denn nur die Gesamtheit unserer Gefühlswelten bildet den Motor für eine humane Evolution auf der Grundlage unserer emotionalen Reifung und der Einbeziehung göttlicher Intelligenz in unsere Lebenswelt.
Wer in diesen Tagen einen achtsamen Umgang mit seiner inneren und damit weiblichen Natur pflegt, kann sich so gut wie überall wohlfühlen. Denn der göttliche Aspekt im Femininen lässt uns selbst über jene Dinge staunen und philosophieren, die auf den ersten Blick gar nicht so anmuten, als seien sie unserer wertschätzenden Betrachtung wert. Es heißt nicht umsonst, wir müssten erst wieder zu Kindern werden, um die Schönheit in allem, was ist, in der Tiefe unserer Herzen wiederzuentdecken. Es lohnt sich! Sobald wir die Brille der Ernsthaftigkeit absetzen, um einen spielerischen Umgang mit dem Leben zu pflegen, bauen wir in meinen Augen Brücken in eine neue Welt.
Von Herzen alles Gute und
bis zum nächsten Mal!
Andrea
Frag doch mal das Leben
